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Norwegen: Selvbetjening, fersk fisk und solskinn

Norwegen

Ahhhh ja, nach dem ersten Urlaub in den wilden Bergen Südtirols in diesem Jahr, genieße ich grad den zweiten von drei Urlauben dieses Jahr: Norwegen. Eine Woche Ferienhaus mit meinen Eltern, meinem Bruder und natürlich meinem Mann. Oha. Beim Gedanken an Norwegen denkt man zunächst an Regen, kaltes Wetter, grauen Himmel und wilde Klippen. Zumindest ist das bei mir so. Bei Euch auch? Tatsächlich war ich auch schon mal in Norwegen und da kam das meiner Vorstellung schon sehr nah. Kulinarisch waren die Highlight Pölse und Softeis, das meistgetragene Kleidungsstück die Gummistiefel und an jeder Ecke muss man schauen, dass man keinen Elch überfährt. So weit so gut. Es kam alles ein bisschen anders aber ich starte vielleicht mit ein paar Infos zu Norwegen:

Norwegen – der Europäische Riese

Flächentechnisch ist Norwegen eins der größten Länder Europas. Dafür ist es aber recht dünn besiedelt: Nur 5,3 Millionen Einwohner leben in Norwegen. Zum Vergleich: Allein in Köln leben knapp 1 Mio Menschen. Also ganz schön viel Platz. Jeder von Euch hat wahrscheinlich schon von mindestens einem dieser Orte gehört:

  • die Lofoten: eine Inselgruppe im Westen des Landes
  • Stavanger: eine Gegend, die besonders für Naturliebhaber reizvoll ist. Die berühmte Felskanzel Preikestolen und den Lysefjord findet man hier
  • Geirangerfjord: Ein beeindruckender Fjord, nicht umsonst UNESCO Weltkulturerbe
  • Nordkap – der Ort an dem im Sommer die Sonne einfach nicht untergeht.
  • Spitzbergen: Hier ist immer Winter. Die nördlichste Insel Europas: Eisbären, Schlittenfahrten & Abenteuer

Das hatte ich auch und genauso wild hatte ich mir Norwegen vorgestellt. Schlecht recherchiert würde ich sagen. Unser Ziel: Tvedestrand im Süden des Landes, zwischen Oslo und Kristiansand.

Tvedestrand

Wie man am besten nach Norwegen reist

Wir haben uns für das Auto entschieden. Einfacher Grund: Wir brauchen vor Ort die Mobilität und in Norwegen ein Auto zu leihen ist – wie vieles andere auch – einfach recht teuer. Außerdem fahr ich gern. Wir sind abends um 22 Uhr losgefahren, Ziel: Hirtshals oben an der Küste Dänemarks. Ca. 9 Stunden haben wir gebraucht. In Hirtshals kann man leider wirklich nicht gut frühstücken, deswegen schaut, dass Ihr Euch was mitnehmt. Mit der Autofähre geht es dann recht unkompliziert rüber nach Norwegen: Kristiansand. Es gibt auch noch einen weiteren Anleger, weiter östlich. Die Fährtickets sind je nach Saison nicht ganz günstig. 200-300 € hin und zurück mit 2 Personen und Auto solltet Ihr einplanen, die Gesellschaft, für die wir uns entschieden haben, war Colorline. Es gibt aber auch noch die Fjordline, die etwas fixer ist. Mich haben die 3,5 Stunden nicht gestört, ich schaue gern aufs Meer und höre mir brüllende Kinder an :). Am besten bucht Ihr Euch einen Sessel im Ruhebereich. Da ist es zwar alles andere als ruhig aber zumindest kann man seeehr bequem in den großen Sesseln versinken und nach der längeren Anfahrt hart entspannen. Wer nicht so der Bootfahrer ist oder plant den Norden Norwegens zu besuchen, der entscheidet sich am besten für einen Flug. Die Flüge nach Bergen, Oslo oder auch Kristiansand, sind z.B. von Düsseldorf aus, gut bezahlbar und natürlich recht fix.

Wie man in Norwegen reist

In Kristiansand angekommen, haben wir uns auf den Weg nach Tvedestrand gemacht, was auf der Karte ein Katzensprung ist. Ehm, Pustekuchen. Die Wege in Norwegen sind weit. Sehr weit. Da man immer durch die Botanik kurvt und das nie schneller als mit 110, sind die Wege einfach unglaublich lang und man gerät in Gefahr Entfernungen zu unterschätzen. Deswegen kann man auch schlecht sagen: Ich besuche Kristiansand, dann noch Bergen und dann noch das Nordkap. Natürlich geht das aber man braucht einfach Zeit oder eben Geld. Oder beides. Man kommt auch mit dem Zug voran. Aber nur von Stadt zu Stadt. Die Juwelen an der Küste, erreicht ihr mit dem Auto. Oder – und da kommen wir zu einem ganz spannenden Punkt – mit dem Boot. Hier unten im Süden liegen die Schäreninseln. Die wunderschönen norwegischen Holzhäuschen in rot, grau und weiß, kleben an den Klippen, vor Ihnen nur das glitzernde Blau des Meeres und kleine schippernde Motorboote. Eine Szene, wie in einem kitschigen Sommerroman aber wunderschön und unglaublich friedlich. Die Menschen, die hier leben und natürlich auch die Urlauber, bewegen sich meist mit dem Boot voran. Das geht schneller und ist einfacher. Viele Orte und Häuser sind mit dem Auto gar nicht zu erreichen. Wenn Ihr Euch ein Haus mit Boot mietet, achtet darauf, dass Ihr es auch fahren dürft. Es gibt unterschiedliche Bootgrößen und unterschiedliche Führerscheine. Dazu solltet Ihr Euch vorher mit den Regeln vertraut machen. Segelboote und Kanus haben immer Vorfahrt, man darf nicht betrunken fahren, etc. Ich erzähl Euch nix Neues :).

Südnorwegen – Mediteranes Flair ohne schmutzig zu sein

Ich glaube Ihr wisst genau was ich meine: Im Süden Europas muten viele Orte, besonders die Städte häufig etwas schmuddelig an. Nicht böse gemeint, das macht ja auch dieses besondere Lebensgefühl aus. Norwegen ist anders. Es ist warm und es riecht nach Sonne und Meer aber dabei ist es unglaublich zurückhaltend. Eine besondere Art des Understatements. Nirgendwo ist es schmutzig oder stinking, ganz im Gegenteil. Alles ist sauber und gepflegt und strahlt vor Wertschätzung. Wie schön und wie erstrebenswert. Ich habe mich schon bei der Ankunft in diesen Teil des Landes verliebt. Wenn auch ganz anders als erwartet, hat Südnorwegen mich positiv überrascht und schnell um den Finger gewickelt.

Selbstversorgung in Norwegen

Wir haben uns ein kleines Häuschen direkt am Wasser gemietet. 5 Schlafzimmer, zwei Bäder, Küche, Boot, zahlreiche Terrassen, von denen immer mindestens eine in der Sonne liegt.  Gleich am ersten Tag habe ich einen kurzen Schlag bekommen: Keine Wanderwege in der Umgebung, der nächste Berg 2 Std. entfernt – ahhh ich wollte doch stundenlang durch das roughe Norwegen wandern. Kannste vergessen. Papa sagte ganz richtig: Die sind hier eher so im Wasser unterwegs. Jau. Umdisponieren also. Wanderschuhe weggeschlossen, Schwimmweste an. Zum Haus gehören zwei Kayaks, mit denen man auf dem ruhigen Wasser der Sonne beim Strahlen zuschauen kann. Oder beim Auf- oder Untergehen. Wunderschön das Gefühl durch das Wasser zu gleiten, unter mir nur angenehm kühles Wasser (22 Grad), über mir strahlend blauer Himmel und vor mir die unendliche Weite des Meeres (zumindest bis zur nächsten Insel). Das Wandern hatte ich schnell vergessen. Auch die Räder am Haus wollten genutzt werden, Berg hoch, Berg runter für eine derartig flache Gegend musste ich schon ganz schön strampeln. Weitere Stunden habe ich mit dem bloßen Starren aufs Meer verbracht. Morgens nach dem Yoga, mittags nach der Kayaktour und am Abend bevor es ans Essen machen ging. Nur sitzen. Lesen, denken, dämmern, bei sich sein. Diese Ruhe. Diese Ruhe ist auch allgegenwärtig, weil es keine Bars, Lokale, Restaurants gibt. Zumindest keine in unmittelbarer Nähe. Das bedeutet: Selber einkaufen und kochen. Nicht, dass ich da etwas gegen habe. Mama und Papa kochen genauso gern wie ich und wir hatten einen Heidenspaß gemeinsam in der Küche zu stehen. Ehrlicherweise: So richtig norwegisch ging es nicht zu – fair enough. Meine Eltern waren von meiner Ernährung wahrscheinlich etwas angestrengt. Macht aber nichts, ich hab mich gefreut mich auch im Urlaub gut zu ernähren und ohne schlechtes Gewissen zu schlemmen. Im Urlaub versuche ich möglichst regional einzukaufen und viel Gemüse in die Gerichte zu integrieren. Ich finde, dass man, gerade wenn man unterwegs ist, dazu neigt, zu viel Teig zu sich zu nehmen. Hier ein Brötchen, da eine Handpizza, ein Sandwich am Abend – nichts für mich. Von Teig bekomme ich immer einen schlimmen Blähbauch, das ändert sich auch im Urlaub nicht. In Norwegen steht logischerweise viel Fisch auf dem Speiseplan.Außerdem Lamm und Milchprodukte. Ich habe vor zwei Wochen einen Schlussstrich unter meinen Lamm- und Kalbkonsum gezogen – schade Schokolade, das war also raus. Macht aber nichts, war trotzdem ausgewogen.

Frühstück: Wenn ich die Möglichkeit habe, nehme ich meine Frühstücksessentials mit. So auch in diesem Urlaub. Ich hatte meine Chiasamen, Kokosblütenzucker, Haferflocken, Kokosraspeln, gepuffter Quinoa und Leinsamen dabei. Das sind Produkte, die im Ausland unter Umständen teuer oder erst gar nicht erhältlich sind. Mit Milch, Quark, Joghurt kann man sie kombinieren, dazu frische Früchte und Obst…das ist für mich nach wie vor das perfekte Frühstück. Der Kesam Mager (Magerquark) war schnell gefunden, frische Beeren gibt es in Norwegen momentan an jeder Ecke.

Lunch: Hier gabs meist Salat oder Wraps aus Resten. Man kann hier an jeder Ecke ein hervorragendes Smörrebröd essen, allerdings sind wir dann wieder beim Teigthema und ich bin wieder raus. Lieber die Reste verwerten. Die Wraps, die ich kaufe sind glutenfrei aus Leinsamen und Flohsamenschalenpulver und liegen nicht so schwer im Magen.

Dinner: Die Königsdisziplin. Und eine wahre Freude in Norwegen und dann noch bei schönem Wetter:

  1. Frischer Salat mit selbst gepulten Krabben & Ofengemüse
  2. Gegrillter Fisch mit Sommergemüse
  3. Gegrillter Fisch mit Zucchini
  4. Vongole aus dem Ofen

Köstlich. Ich war morgens mit Papa angeln und tatsächlich gab es sogar einmal selbst geangelte Makrele. Das Fleisch der Raubfische ist fest und aromatisch. Wenn man einen Fisch selber gefangen und zerlegt hat, ist es doch noch mal etwas anderes als ein Filet im Laden zu kaufen.

Wir haben also durchgehend wirklich hervorragend gegessen und auch wenn ich verstehe, dass Menschen in Hotels fahren, um sich bedienen und bekochen zu lassen, genieße ich es durch lokale Geschäfte zu schlendern, abends auf meiner eigenen Terrasse zu sitzen und bei einem Gläschen Wein den selbst geangelten und gegrillten Fisch zu genießen. Falls Ihr bisher reine Hotelurlauber seid, solltet Ihr da mal drüber nachdenken, ich kann es nur empfehlen. Gerade in den Scandics gibt es eine Vielzahl traumhafter Ferienhäuschen in Best- oder Alleinlage zu fairen Preisen.

Südnorwegen – für wen ist das was?

Südnorwegen ist ein besonderes Reiseziel. Es ist einfach und zurückhaltend. Man findet hier das La Dolce Vita Italiens, gepaart mit der anspruchsvollen Eleganz des Nordens. Die Uhren ticken hier etwas langsamer. Die Tage sind lang, es wird im Sommer bereits um 04:00 Uhr hell und erst um 23:00 Uhr wieder dunkel. Das Leben spielt sich auf dem Wasser ab. Kleine Hafenstädte mit weißen Holzhäusern und maritimem Flair warten nur auf interessierte Touristen, die in die kleinen Boutiquen spazieren, frischen Fisch kaufen oder bei einem Eis auf der Bank sitzend die plätschernden Wellen beobachten. Ob man nun Ruhe auf dem Boot oder dem Kayak auf dem Meer sucht oder bei einem Partie Golf oder Tennis relaxt, Möglichkeiten sich zu beschäftigen gibt es viele. Wasserski, Angeln und Radfahren gehören zu den aktiveren Möglichkeiten. Eine Bootstour durch die Schären gibt tolle Küsteneinblicke. Nicht zu unterschätzen hingegen ist das Wetter. Man kann Glück haben, dann ist das Wetter traumhaft: 25 Grad mit einer leichten Briese. Oder man hat pech, dann ist es eisig kalt und regnet Bindfäden. Wir hatten Glück und von unseren 6 Tagen hat es nur an einem richtig geregnet. In diesem Fall sind auch die beiden großen Städte: Oslo und Kristiansand nicht weit. Beide sind unterschiedlich aber definitiv einen Besuch wert.

Kommen wir wieder? Ich denke schon. Die Entfernung ist gut machbar und das Lebensgefühl überragend. Macht Euch auf nach Südnorwegen und vergesst mal für ein Jahr die typischen Urlaubsziele in Spanien und Italien. Ist doch eigentlich eh zu heiß 🙂

 

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